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Den Plan einhalten

Dies ist das Motto der Bankräuber aus der Hitserie Haus des Geldes. Dank Building Information Modelling gilt es künftig auch für Unterhalt, Ausbau und Betrieb der Bahninfrastruktur.

Die Salvador-Dalí-Masken aus "Haus des Geldes"
Die Salvador-Dalí-Masken aus "Haus des Geldes" (Bild: Pixabay / AKCreatif)

Die Handlung der meistgeschauten nicht-englischsprachigen Netflix-Serie ist schnell erzählt: Eine Gruppe von Bankräubern überfällt die spanische Notendruckerei. Dank Codenamen und Masken sind sie für einander und ihre Geiseln anonym. Natürlich geht einiges schief. “Haltet euch an den Plan”, kriegen die Kriminellen von ihrem Anführer immer wieder zu hören.

Bankräuber und Geiseln in roten Overalls und Masken
Freund oder Feind? Dank Masken und Overalls sind Bankräuber nicht von Geiseln zu unterscheiden (Bild: Netflix / Manchester Evening News)

Dieselbe Aufforderung gilt für Bahninfrastruktur-Betreiberinnen (ISB) und ihre Auftragnehmer. Welches Baujahr hat eine Weiche? Welche Fahrleitung muss für Unterhaltsarbeiten geerdet werden? Wo verläuft der Kabelkanal? Dies alles ist auf Plänen ersichtlich (oder sollte es zumindest sein). Deren Digitalisierung ist in vollem Gange. Schon seit über einem Jahrzehnt erstellen Projektleiterinnen und Projektleiter ihre Pläne gemäss der Devise “digital first” (auch wenn sie sie anschliessend noch als altbekannte Banderole ausdrucken).


Was fehlt

Leider enden Pläne (und damit auch die Digitalisierung der Daten über die Infrastruktur) mit dem Abschluss des jeweiligen Projekts. Fordert man anschliessend Planerinnen des laufenden Unterhalts oder Einkäufer fürs nächste Erneuerungsprojekt auf, sich an den Plan zu halten, lautet die Antwort sinngemäss: “An welchen denn?”


Building Information Modelling (BIM) schafft hier Abhilfe. Infrastrukturobjekte werden von Grund auf digital modelliert und bestehen anschliessend als dreidimensionaler, digitaler Zwilling. Auf dieser Basis erstellen Planerinnen und Planer dann die zweidimensionalen Pläne für einzelne Projekte. Die Bahninfrastrukur ist damit weitestgehend digital abgebildet – zumindest was die ISB angeht.

Der Professor steht neben dem Modell der Notenbank
Im Gegensatz zu BIM arbeiten die Bankräuber mit einem physischen Modell (Bild: Netflix / archimodelsinfilm.com)

Aktuell klaffen in der BIM-Welt allerdings noch zwei wesentliche Lücken: Gewisse Informationen zu den Details der physischen Infrastruktur hat nur der Lieferant. Dessen Entscheide, welche Komponenten – Schwellen, Schrauben, Flashkarten – genau verwendet werden, sind nicht Teil des Projektplans und damit des digitalen Zwillings. Neben diesen kleinen, aber feinen Details der Hardware werden auch die Konfigurationsdaten der Software von Sicherungsanlagen nicht zentral erfasst.


Für die ISB und teilweise sogar für den Lieferanten ist dies eine Blackbox. Braucht eine Bahn diese Daten, muss sie sie beim Lieferanten in Erfahrung bringen. Auch diese verfügen zumeist nicht über Datenbanken, über die sie Daten schnell in Erfahrung bringen können. Vielmehr sind Konfigurationsdaten in diversen Dokumenten vermerkt.


Dies schafft menschliche und maschinelle Fehlerquoten. Begeht ein Mensch bei der Dokumentierung oder der Abfrage ein Tippfehler, sind Daten nicht auffindbar. Wird eine Dokumentversion nicht richtig gespeichert, synchronisiert oder archiviert, sind Konfigurationsdaten nicht aktuell, ohne dass dies bemerkbar ist.


Fragen der Kompatibilität sind nur mit viel Aufwand zu bearbeiten. Um zu wissen, ob die Hardware der Sicherungsanlagen das neuste Update der Software verträgt, sind so viele Abgleiche nötig, wie es Pläne und Dokumentationen gibt.


Haus der Daten

Die heutige digitale Abbildung der Bahninfrastruktur entspricht dem Geldsystem vor der Schaffung einer Nationalbank inklusive eigener Währung – dem titelgebenden Haus des Geldes. Niemand weiss, wie viel Geld in Form von Daten im Umlauf ist. Es ist nicht garantiert, dass ein Zahlungsmittel akzeptiert wird – der Besitzer einer hochwertigen Goldmünze kann nicht sicher sein, dass er damit die Marktfrau bezahlen kann. Übersetzt in die Sprache der Digitalisierung: Es fehlen einheitliche Schnittstellen.

Nairobi begutachtet mit einer Lupe eine 100-Euro-Note
Nichts weniger als Perfektion: Qualitätskontrolle in Haus des Geldes (Bild: Netflix / tz.de)

Doch auch das Behalten einer Goldmünze ist riskant: Der Markt kann jederzeit von zusätzlichem Geld oder einer anderen Währung geflutet werden. Die Analogie in der Welt der Daten: Gehortete Informationen werden plötzlich wertlos, weil sich die Technologie andernorts weiterentwickelt.


Nötig ist ein hoheitsrechtlicher Hub – eine Nationalbank gehört dem Staat; eine Bahninfrastruktur-Datensammlung entsteht am besten im Rahmen einer Systemführerschaft im Auftrag des Bundes. Dies führt zu Harmonisierung, Vergleichbarkeit und Klarheit. Die Nationalbank schafft eine einheitliche Währung und offizielle Zahlungsmittel innerhalb ihres Geltungsbereiches. Dritte können die Technologie für Zahlungsmittel zur Verfügung stellen und diese produzieren. Der Wert der besagten Goldmünze ist genau bekannt und der Besitzer hat die Wahl, ob er sie auf den Markt mitnimmt oder ein anderes Zahlungsmittel verwendet.