Die in Zürich ausrangierten Tram 2000 rollen künftig durch die ukrainische Stadt Vinnytsia. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat RUBI Bahntechnik mit der Abwicklung des Projekts beauftragt. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Um welche Trams geht es?
In einer ersten Phase überlässt Zürich der ukrainischen Stadt 31 bis 35 Trams der zweiten Serie des Trams 2000. Diese sind seit den 1980er-Jahren in Betrieb. Dazu kommen vier Trams der ersten Serie aus den 1970ern als Ersatzteilspender.
In einem allfälligen zweiten Schritt fänden 9 bis 15 weitere Trams der zweiten sowie 16 Trams der ersten Serie den Weg in die Ukraine.
Die verbleibenden Trams 2000 der ersten und zweiten Serie verschrotten die VBZ – mit Ausnahme von einem oder zwei Trams fürs Trammuseum oder anderweitige Verwendung.
Die kantigen Tram 2000 verschwinden damit aber nicht komplett aus dem Zürcher Stadtbild. 23 Exemplare der dritten Serie wurden in den 2000er-Jahren mit einer niederflurigen “Sänfte” ergänzt. Sie bleiben im Einsatz.
Warum will die VBZ die Trams nicht mehr?
Laut Stadtrat Michael Baumer ist vor allem die fehlende Behindertengerechtigkeit der Grund, weshalb die VBZ ihre Tram 2000 ausrangiert. Ausserdem bieten die neuen Flexity-Trams den Fahrgästen mehr Platz.
Trotz zwei Millionen Fahrkilometern seien die Tram 2000 noch voll einsatzfähig. Dass sie weiterverwendet werden, ist also nicht zuletzt im Sinne der Umwelt.
Wo liegt Vinnytsia?
Im Südwesten der Ukraine. Die Stadt hat eine turbulente Geschichte und war schon Teil Polens, Russlands und der Sowjetunion.
Wie kommen die Trams dorthin?
Mit dem Zug! Die Strecke führt durch Österreich und die Slowakei. Auf der ersten und letzten Meile sind jeweils Lastwagenfahrten nötig. Maximal acht Trams können aufs Mal transportiert werden.
Warum gerade Vinnytsia?
Zürich und Vinnitsa haben schon mehrmals zusammengearbeitet. Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) schenkten der Stadt bereits 13 Karpfen- und 75 Mirage-Kompositionen sowie 3 motorisierte Mirage-Anhängerwagen als Ersatzteilspender.
Laut dem Tages-Anzeiger wollten die VBZ sicher sein, dass ihre ausrangierten Trams in guten Händen sind. Als bestes ÖV-Unternehmen der Ukraine habe die Vinnytsia Transport Company (VTC) dies gewährleisten können.
Weil die VTC diese Auszeichnung erneut erhalten hat und die vormals gespendeten Trams sich in gutem Zustand befinden, setzen die VBZ die erfolgreiche Zusammenarbeit fort.
Wie gut ist der öffentliche Verkehr in Vinnytsia?
Die Stadt verfügt über ein Tramnetz und einige Fahrzeuge aus der Zeit des Kalten Krieges. Ausserdem verkehren in Vinnitsa Trolley- und Dieselbusse. Die Tram 2000 ersetzen Fahrzeuge aus der Tschechoslowakei sowie alle in den 2000ern gespendeten VBZ-Karpfen und einige Mirage. Die Karpfen haben nach über 60 Jahren nun also auch in Vinnytsia ausgedient.
Die Trams der sechs Linien in Vinnytsia waren zuletzt trotz der Corona-Pandemie gut gefüllt und es kam wegen des Schutzkonzepts zu Wartezeiten an den Haltestellen – weil die Fahrgäste gezählt werden, wird nur die vorderste Tür geöffnet.
In den nächsten Jahren will die Stadt marode Teile des Tramnetzes sanieren und eine direkte Verbindung zwischen Bahnhof und Stadtzentrum bauen.
Worauf muss man achten, wenn Trams verschenkt werden?
Logischerweise müssen die Trams am neuen Ort einsatzfähig sein. RUBI Bahntechnik hat deshalb überprüft, ob die Tram 2000 Vinnytsias Radien, Steigungen und Gefälle bewältigen können, ob Stromspannung und -stärke ausreichend sind und ob das Lichtraumprofil der Fahrzeuge durch das Netz passt. Dies alles ist gewährleistet. Einem geschenkten Gaul schaut man also durchaus ins Maul.
Ausserdem muss der Empfänger der Trams mit deren Tücken umgehen können. Die Tram 2000 sind rund 40 Jahre alt und ihr Unterhalt unterscheidet sich von neueren Fahrzeugen. “Die VTC hat uns bei den Karpfen und Mirage gezeigt, dass sie das kann”, sagt Martin Häfliger von RUBI Bahntechnik. Er war bereits Teil des damaligen Projekts.
Unabhängig davon, ob die VTC noch 20 Trams als Ersatzteilspender bekommen, muss der Betrieb die Produktion gewisser Ersatzteile in der Ukraine in Auftrag geben. Nur so ist sichergestellt, dass die Fahrzeuge zuverlässig eingesetzt werden können.
Was kostet das Geschenk die VBZ?
Überraschend wenig. Mit Bezug auf die Karpfen und Mirage sagte der damalige Stadtrat Andreas Türler gegenüber Schweiz aktuell, es komme für die VBZ etwa gleich teuer, die Trams zu verschenken oder zu verschrotten. Ein grosser Teil der Kosten fällt für ein vierwöchiges Praktikum an, das fünf VTC-Fachleute in der VBZ-Zentralwerkstatt absolvieren.
Weitere Kosten trägt der Bereich „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), das für Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist. Die VTC kommt für Teile des erwähnten Praktikums sowie alle in der Ukraine erledigten Arbeiten auf.
Warum ist das SECO involviert?
Die Spende der Trams ist Teil der wirtschaftlichen Entwicklungsarbeit zwischen der Schweiz und der Ukraine. Deswegen trägt der Bund rund 3,5 Millionen Franken der Kosten. Dieser Betrag umfasst den Transport der Trams, die Sanierung, die verbleibenden Kosten für die Ausbildung der VTC-Mitarbeitenden sowie die Projektleitung von RUBI Bahntechnik.
Welche Arbeiten fallen bei der VTC an?
Die Tram 2000 müssen an die ukrainischen Vorgaben angepasst werden – beispielsweise erhalten sie Bremslichter und Frontblinker. Die technische Planung hierfür übernimmt RUBI Bahntechnik. Ausserdem müssen alle im Tram angebrachten Texte auf Ukrainisch übersetzt werden.
Die VTC führt die nötigen Arbeiten in ihren Werkstätten aus. Während ihres Praktikums bei den VBZ lernen die fünf VTC-Techniker alle für den Unterhalt der Tram 2000 nötigen Arbeitsschritte. Dazu gehören die Reparatur und Aufarbeitung der Drehgestelle und aller anderen Bauteile.
Um 20 der Kompositionen behindertengerecht zu machen, fügt die VTC einen niederflurigen Mittelteil in die Tram 2000 ein. Diese Arbeiten basieren auf den Sänften der dritten Serie.
Ab wann rollen die Tram 2000 durch Vinnitsa?
Das ist aktuell noch unklar. Ursprünglich sollten die Fahrzeuge spätestens 2023 in Betrieb sein. Wegen der Invasion Russlands sind die Arbeiten derzeit sistiert und können erst wieder aufgenommen werden, wenn es die Sicherheitslage und politische Situation erlauben.
Guten Tag ich finde das Projekt zur Wiederverwertung von ausrangierten Trams super. Was ich schade finde ist das man als Schweizer keine Teile der Trams die abgebrochen werden kaufen kann für eine neue Nutzung. Gemäss Antwort VBZ wird das ausgeschlossen. So geht trotzdem ein grosser Teil an brauchbaren Material auf den Schrott. Umweltschutz ist auch Ressourcen weiter nutzen die bestehend sind.